Stationen

1966: Das Selbstportrait

Andy Wildi: Stationen - 1966: Das erste Selbstportrait.
Das erste noch vorhandene Werk von Andy Wildi, gemalt in bester Pop-Art-Manier, damals die prägende Stilrichtung. Wie auch sein monumentaler "Elvis". Der 17jährige Andreas bewunderte Andy Warhol und nannte sich fortan Andy. Er stellte das Selbstportrait an seiner ersten Ausstellung aus, der Gruppenausstellung "Salon des Jeunes", die 1968 im Kornhaus Baden stattfand und ziemliche Beachtung fand. Später portraitierte er zunehmend seltener Menschen, sie entfernten sich buchstäblich aus seinem Werk, als weisser Umriss, wie im Bild "Die grüne Vase" oder "Hans geht ans Telefon". Von der Pop Art entwickelte er sich hin zum Surrealismus, der ihn faszinierte. Doch auch davon löste er sich und fand seinen ganz eigenen, magischen, imaginären Realismus, mit wenigen, gezielt eingesetzten surrealen Elementen. Leise ironie, Schalk und Wortwitz prägten seine Werke.
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1976: Jerry Dental Kollekdoof

Andy Wildi (1949-2025) Stationen 2: 1976 Jerry Dental Kollekdoof und Pic-o-Pello In den 70ern arbeitete Andy auch als Bühnenbildner. Für die Badener Claque, für das Festspiel auf drei Bühnen der "Grossen Badenfahrt", für die Ausstattung des TV-Jugendfilms "Liliput" oder für den legendären Zirkus Pic-o-Pello, wo er nicht nur Requisiten für den Zauberer baute, sondern auch in verschiedenen Minirollen auftrat. Und für das "Kochende Inferno" des Jerry Dental Kollekdoof. Auch bei dieser wilden Truppe war er als Ausstatter und Mädchen für alles dabei. Im wörtlichen Sinn, denn er hatte ebenfalls eine Minirolle als Schneewittchen, wie man auf dem LP-Cover sieht (ganz links aussen, mit schamhaft gesenkten Augen im rosa Gewand). Damit ging es auf Tournee durch die Schweiz und Deutschland, bis nach Hamburg, wo der Auftritt im legendären Club stattfand, in dem schon die Beatles ihren ersten Gig auf dem Kontinent hatten. Allerdings mit weniger Publikum, denn die Werbung war vom Organisator irgendwie vergessen worden und so sassen nur wenige, aber umso begeistertere Zuschauer im Raum.
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1983 - Der Migros-Sattelschlepper

In den 80er Jahren eroberte Kunst zunehmend den öffentlichen Raum. Kunstwerke an Plätzen, auf Brunnen oder Brücken und in Innenräumen öffentlicher Gebäude gab es seit Jahrhunderten, aus den USA und lateinamerikanischen Ländern kamen zunehmend Wandmalereien und Graffiti feierten einen wahren Siegeszug. Die Migros investiert seit jeher einen Teil ihres Gewinns in Kunstprojekte und die Migros Aargau-Solothurn hatte die Idee, zwei neue Sattelschlepper je einem Künstler zur Gestaltung zu überlassen. Die Migros-Direktion holte den Rat von Heiny Walter ein. Der Direktor vom Aarauer Kunsthaus schlug für den «Aargauer» LKW Andy Wildi vor. Der inspirierte sich an der Liebesgeschichte zwischen dem Schauspieler Albert Freuler und dessen Partnerin Anita Pfau, mit denen er befreundet war. So entstand, in typischer Wildi-Manier der Lastwagen «Albert denkt an Anita - Anita denkt an Albert. Auf jeder Seite die liegende Figur einer der beiden Personen und auf dem Dach, also nur aus der Vogelschau sichtbar die Auflösung «Anita liebt Albert» und viceversa. 
Das lange Gefährt fand grosse Zustimmung und Bewunderung und erregte beachtliches Aufsehen. Zu viel Aufsehen, bald hiess es, dass Autofahrer ihre Fahrt verlangsamten, um es genauer zu betrachten. Das ging nach Meinung des Strassenverkehrsamtes natürlich gar nicht und die Behörde intervenierte scharf: Die Bemalung muss weg, sofort. Die Migros beugte sich den Beamten, denn sie war auf gute Beziehungen zur Behörde angewiesen und wollte keine Auseinandersetzung. Der LKW wurde weiss überspritzt, mit dem Migros-Logo versehen und das wars. Er fuhr nur 3 Wochen, hinterliess aber einen langen Schweif von Berichten, Diskussionen und Leserbriefen in der gesamten Schweizer Medienlandschaft. Die Firma Roskopf, die Modelle dieser Saurer-Lastwagen baut, brachte umgehend eine limitierte Sammlerausgabe auf den Markt, die ebenso umgehend ausverkauft war. Seither tauchen sie immer wieder bei Ricardo, Ebay oder ähnlichen Portalen auf und werden zu ansehnlichen Preisen gehandelt.
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1983: Das fliegende Haus in Wettingen

Mit der Stillegung und Umnutzung der Spinnerei ging in Wettingen ein Stück Industriegeschichte zu Ende. Eine Künstlergruppe, zu der auch Andy Wildi und Ruedi Bechtler aus der Besitzerfamilie gehörten, gründete die Ateliergemeinschaft Spinnerei und konnte das Gebäude nutzen. Andy zog 1974 in eines der grosszügigen Ateliers ein, zudem fand er im Anbau in der kleinen ehemaligen Hauswartwohnung eine kostengünstige Unterkunft. Die ehemaligen "Kosthäuser" der Spinnerei an der Bahnhofstrasse mussten neuen Wohnblöcken weichen und Ruedi Bechtler schlug dem Unternehmen vor, diese mit Kunst am und um den Bau aufzuwerten. Bechtler entwarf die kreative Gartengestaltung und Andy Wildi schlug für die fensterlose Fassade eines Blocks ein 12 x 10 m grosses Wandbild vor. In dieser Zeit malte er Objekte 1 : 1, die allesamt flogen, ein Sofa, einen Tisch, einen Morris mini ... und jetzt folgerichtig eines der ehemaligen Kosthäuser, das sich in die Lüfte erhebt und in das man von unten hineinsieht. Typisch Wildi eben, akribisch gemalt, immer mit einem Augenzwinkern und ein liebevolles Denkmal für die Häuschen, die für so viele Heimat gewesen waren. Die Ausführung war perfekt, auch was das Material anging, das viel beachtete Haus fliegt noch heute und erzählt von der Industriegeschichte Wettingens.

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Stationen: 1987 Der galoppierende Amtsschimmel

Andy Wildi wohnte und arbeitete schon einige Jahre in Novaggio im Malcantone, direkt neben einem alten Dorfhaus, das einst eine vornehme Luganeser Familie für die Sommerfrische genutzt hatte, die grosszügige Casa Maraini. Sie wurde weiterhin als Ferienhaus genutzt, vom Badener Architekten Luca Maraini und so traf man sich denn zur gegenseitigen Überraschung eines Tages auf dem Weg in den kleinen Dorfladen. Klar, dass man nun öfter zusammensass, diskutierte und sinnierte, Luca Maraini baute gerade das Badener Amtshaus um und hatte die Idee, die Decke im zweistöckigen Treppenhaus künstlerisch zu gestalten. Und Andy, der sich gerade mit der Trompe-l’oeil-Technik auseinandersetzte, legte auch bald einen Entwurf vor, der sowohl bei der Bauherrschaft als auch bei den städtischen Angestellten bis hinauf zum Stadtrat grossen Zuspruch fand. Es war die Zeit der Umstellung auf das berühmte «papierlose Büro», das wie wir alle wissen, so papierlos nie geworden ist. Also Schreibmaschinen raus, Computer rein. Andy Wildi setzte dies in Form eines galoppierenden Amtsschimmels um, der fluchtartig das Gebäude verlässt und einen Wirbelwind von Akten hinter sich herzieht. Auch Petrus ist da, der fischt, böse Zungen behaupteten im Trüben, aber so klar ist das nicht. Auf jeden Fall sieht man aus dem Gebäude direkt in den Himmel, täuschend echte Versatzstücke von Decken und Säulen verschmelzen mit dem grauen Sichtbeton und das Wortspiel auch eine Spezialität von Wildi, lässt so viele Deutungen zu. Der «Amtshimmel» steht auf der Liste praktisch jeder Stadtführung in Baden und sorgt immer wieder für ein Schmunzeln, auch wenn für manche Besucher der Gang zum Steueramt oder zur Polizei nicht nur positiv besetzt ist.
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1989: Der Brückenschlag Baden-Wettingen

Anlässlich der umfassenden Renovation und Verbreiterung der Badener Hochbrücke, die Baden und Wettingen verbindet (1991 – 1994) wurde ein Wettbewerb für ein Kunstwerk ausgeschrieben, wobei es wie üblich in solchen Fällen um eine Skulptur oder ein anderes Objekt ging, das die Brücke zieren sollte.

Andy Wildi und sein Künstlerfreund Fritz Huser hatten eine andere, originelle Idee und reichten auf eigene Initiative ihr Projekt ein, das grosse Beachtung fand. Beim «Brückenschlag» sollten die beiden hohen Brückenbogen an der Unterseite bemalt werde, mit einer Momentaufnahme des Verkehrs, so wie er damals täglich über die viel befahrene Hauptachse rollte. Sichtbar wäre das Werk von den Wegen aus gewesen, die unten entlang der Limmat führen und von den Strassen, die den oberen Stadtteil von Wettingen und von Baden mit dem jeweils unteren verbinden.
Die Begründung der Ablehnung war recht simpel: Nicht konform mit der Ausschreibung und zu aufwendig. Doch in den Medien und bei kulturaffinen Persönlichkeiten fand der Brückenschlag grosse Zustimmung. Nicht zuletzt dank der Unterstützung durch Sepp Schmid, der ihm in seinem Geschäft «Form und Wohnen» in Baden ein grosses Schaufenster dafür freiräumte und zahlreiche Postkarten mit dem Projektbild verteilte.

1993: Die Fogal-Tragetasche

Einer der inzwischen zahlreichen Sammler von Andy Wildis Werken war Balz Meier, der Inhaber von Fogal (und Bruder von Musiker Dieter Meier). Der leise Schalk in Wildis Werken inspirierte ihn und als es um eine originelle, spezielle Tragetasche für seine Boutiquen rund um den Globus ging, die jeweils in limitierter Zahl produziert wurden, fragte er Andy, ob dieser nicht Lust hätte, sie zu gestalten, Mit Werbung im eigentlichen Sinn konnte Wildi nichts anfangen, er war Künstler, nicht Grafiker, wie er immer sagte, wenn man mit einem solchen Anliegen an ihn herantrat. Doch dieses inspirierte ihn und er schlug vor, zwei Bilder zu malen, die dafür verwendet werden könnten. Meier stimmte zu und liess ihm freie Hand. Und Andy Wildi lieferte: zwei fast identische Bilder, die einen Wohnraum zeigen und wie zufällig liegt ein eleganter Damenstrumpf auf dem Bett. «Suche die zwölf Unterschiede» steht da, aber auch «Find the ten differences» oder waren es elf? Wie viele Unterschiede es wirklich sind, findet man nicht so leicht heraus, denn die Verwirrung ist total und vom dauernden Umdrehen der Tragetasche wird einem ganz schwindelig. Also müsste man eigentlich zwei davon haben und ergo zwei Käufe tätigen. Obschon er mit Werbung nichts am Hut hatte, war dies eine geniale Marketingidee, doch der Künstler betonte immer wieder, keine Sekunde an so etwas gedacht zu haben. Die Tasche wurde in allen Fogal-Boutiquen weltweit verteilt und war ein grosser Erfolg, ein limitierter, denn sie war rasch ausverkauft und viele die sie hatten, hüteten sie noch lange als kleines, witziges Kunstwerk im Alltag.
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2005: Verlag Haffmanns bei Zweitausendeins

Dass Andy Wildis Bilder Geschichten erzählen, ist offensichtlich. Gerd und Tini Haffmanns vom gleichnamigen Verlag und ihr Buchgestalter Urs Jakob entdeckten seine Bilder an seiner Ausstellung in Eglisau und fanden sie wie geschaffen, um die Umschläge ihrer Bücher zu zieren. So begann eine schöne, lange Zusammenarbeit und die Werke von Andy zierten fortan Buchtitel, CDs und fanden sich im jährlich erscheinenden Rabenkalender und Rabenplaner wieder, bis heute!
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2009: Der Pflanzentopf

Nachdem Löwen und Kühe einen Sommer lang die Zürcher Bahnhofstrasse geziert hatten und nachdem langsam das «grüne» Bewusstsein in der Grossstadt reifte, schrieb die Bahnhofstrasse-Vereinigung den Wettbewerb für «Garden City» aus, bei dem Künstler einen riesigen Blumentopf verzieren sollten. Diese von den Geschäften finanzierten und mit Bambus oder Koniferen bepflanzten Töpfe wurden entlang der Bahnhofstrasse aufgestellt. Für seinen Auftraggeber Fogal liess sich Andy Wildi vom filigranen Bambus inspirieren, der dort prächtig gedieh. Sein Werk – eine Chinoiserie, die vorbeikommenden Chinesen ein Lächeln ins Gesicht zauberte, denn der Text heisst übersetzt «Es ist einfach nur ein Scherz». So ganz habe der Auftraggeber den Schriftzeichen jedoch nicht getraut, erzählte eine Mitarbeiterin, und vorsichtshalber die Filiale in Hongkong nach deren Bedeutung angefragt, um möglichen «Überraschungen» vorzubeugen.

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2015: Das letzte Wandbild

Eine Stiftung realisierte in der Kantonshauptstadt das Projekt «Murales», in dessen Rahmen verschiedenen Künstlern Wandflächen zum Bemalen zur Verfügung gestellt wurden. Andy Wildi inspirierte das langgezogene Gebäude der örtlichen Feuerwehr, das an der Stirnseite einer grossen Wiese stand, auf der damals jeweils der Zirkus gastierte. 
Und er blieb sichtreu, mit leisem Schalk und feiner Ironie thematisierte er die historische Rivalität zwischenden zwei Kantonsteilen. Auf der 14 Meter langen, von Weitem sichtbaren Wand stehen sich zwei Farbstifte in den Kantonsfarben gegenüber. Der blaue «Acquarello» und der rote «Rosso fuoco» stellen die legendäre «Rivalität» zwischen Sopra- und Sottoceneri dar. Wie Feuer und Wasser treffen sie zischend aufeinander, wie Feuer und Wasser sind sie aber auch Lebenselixier und schlussendlich die Elemente für die Feuerwehr schlechthin. Als Das Wandbild fast fertig war, gab es eine kleine Vor-Première für enge Freunde und die Familie. Nach intensivem Betrachten meldete sich Andy Wildis Tochter Aurelia schüchtern: «Ma acquarello si scrive con CQ, non solamente con la Q”. Und rettete so ihren Vater vor einer Blamage, denn da fehlte tatsächlich das C vor dem Q. Nach einigen Stunden «Korrekturmalerei» war die Bezeichnung korrekt und das imposante Bild fand allgemein Anklang.
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2016: Der grosse Magier

Nach dem Erfolg von «Die grüne Insel» begann Andy Wildi mit einem weiteren Buch, das leider unvollendet blieb. Er verarbeitete darin die Erinnerungen an seine Zeit in der 
Spinnerei Wettingen, die Menschen, die er damals kannte und insbesondere seine Zusammenarbeit mit Res Frey, der als Zauberer aufgetreten war (u.a. an der legendären Badenfahrt mit dem Circus Pic-o-Pello). Für diesen hat Andy Wildi Requisiten gebaut, wie für die schwebende Jungfrau oder das Verschwinden der Assistentin und trat auch in kleinen Nebenrollen auf. Einige Zaubertricks hat er
auch gelernt und führte sie zum Vergnügen der Zusehenden in privatem Rahmen auf. Bei den Schulkameraden der Tochter Aurelia war er begehrt, sie kamen stets gerne an
Geburtstagsfeiern, denn da trat der berühmte Magier Andrea auf.
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2021/22: Napoli sehen und malen

Was kommt dabei heraus, wenn fünf Künstler zusammen nach Neapel reisen? 
Eine grossartige Ausstellung im Kunstraum IM TENN in Elsau bei Winterthur. Andy Wildi (Malerei), Erwin Schatzmann (Skulpturen und Miniaturen), Walter Dick (Zeichnungen und Bilder), Leo Koch (Texte) und Hanspeter Schneider (Fotografie) wurden von Res Hugi, Galerist und Mäzen eingeladen, die Stadt am Vesuv zu entdecken und zu beschreiben. Die entstandenen Werke – so unterschiedlich wie die fünf Künstler - wurden in der Galerie ausgestellt und ein grossformatiges Magazin dokumentierte die inspirierende Reise und das eindrückliche Resultat.
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Helena Zaugg Wildi
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